Schwere Beine, geschwollene Körperregionen oder ein unangenehmes Spannungsgefühl im Unterbauch – das können Anzeichen für ein Lymphödem sein. Viele Frauen mit Eierstockkrebs entwickeln nach der Operation solche Beschwerden, wenn Lymphknoten entfernt wurden. Doch was genau steckt dahinter? Und was hilft Betroffenen?
Hier erfahren Sie, wie ein Lymphödem entsteht, wie es behandelt wird und was Sie selbst tun können, um sich wieder wohler in Ihrem Körper zu fühlen.
Lymphknoten gehören zum körpereigenen Abwehrsystem. Sie sind kleine Filterstationen, die über das gesamte Lymphsystem miteinander verbunden sind und im ganzen Körper verteilt liegen. Ihre Aufgabe ist es, die Lymphflüssigkeit – eine Art Gewebewasser – von Krankheitserregern, Schadstoffen oder auch Krebszellen zu reinigen, bevor sie wieder in den Blutkreislauf gelangt.
Auch die Eierstöcke, Eileiter und das Bauchfell sind über Lymphbahnen an dieses System angeschlossen. Wenn sich Tumorzellen lösen, können sie über die Lymphbahnen in andere Körperregionen wandern. Dort können sie Metastasen bilden, vor allem in Lymphknoten im Beckenbereich oder entlang der großen Bauchschlagader bis hinauf zur Nierenhöhe.
Bei Eierstockkrebs werden befallene Lymphknoten immer mit entfernt, wenn es möglich ist, den Tumor komplett herauszuoperieren. Dies betrifft in der Regel frühe Erkrankungsstadien mit günstiger Prognose. Gemäß der medizinischen Leitlinie soll ab dem Stadium 3B keine Lymphknotenentfernung durchgeführt werden, sofern die Lymphknoten nicht auffällig sind.
Wenn bei einer Operation Lymphknoten entfernt werden – medizinisch spricht man von einer Lymphadenektomie oder Lymphonodektomie – kann das Auswirkungen auf den Abfluss der Lymphflüssigkeit haben. Denn die Lymphbahnen, die normalerweise diese Flüssigkeit in den Blutkreislauf zurückleiten, sind dann unterbrochen. Die Folge: Die Lymphe staut sich im umliegenden Gewebe.
Nach einer Eierstockkrebs-Operation betrifft das besonders häufig Körperbereiche wie die Leisten, den Unterbauch, die Genitalregion oder die Beine. Schwellungen, Spannungsgefühle oder ein Schweregefühl in diesen Regionen können erste Anzeichen für ein sogenanntes Lymphödem sein. Bis zu 40 Prozent der Patientinnen mit operiertem Eierstockkrebs entwickeln ein solches Ödem.
Wichtig ist: Ein Lymphödem ist nicht nur unangenehm – es handelt sich um eine chronische Erkrankung, die dauerhaft behandelt werden sollte. Bleibt sie unbehandelt, kann es zu Verhärtungen des Gewebes kommen, die sich nicht mehr vollständig zurückbilden. Daher sollten Sie bei ersten Anzeichen eines möglichen Lymphödems Ihr Behandlungsteam informieren.
Ein Lymphödem macht sich meist langsam bemerkbar. Die Symptome können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und sich im Verlauf verändern. Achten Sie auf folgende Warnzeichen – besonders in den ersten Monaten nach der Operation:
Diese Anzeichen sollten ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden. Je früher ein Lymphödem erkannt wird, desto besser lässt es sich behandeln und Beschwerden können gezielt gelindert werden.
Ein Lymphödem kann nicht nur unangenehm sein, sondern auch die Beweglichkeit einschränken und Schmerzen verursachen. In manchen Fällen sammelt sich die Lymphflüssigkeit zusätzlich in kleinen Zysten, sogenannten Lymphozelen. Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollte ein Lymphödem frühzeitig erkannt und konsequent behandelt werden – am besten im Rahmen der regelmäßigen Nachsorge.
Die wichtigste Behandlungsform ist die sogenannte komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Sie setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen, die individuell auf Ihre Situation abgestimmt werden:
Mit speziellen Handgriffen regt die Therapeutin oder der Therapeut den Lymphfluss an. Ziel ist es, die angestaute Flüssigkeit in benachbarte, gesunde Lymphgebiete umzuleiten, wo sie besser abtransportiert werden kann. Die Behandlung kann außerdem Verspannungen lösen und Schmerzen lindern.
Direkt nach der Lymphdrainage wird das betroffene Körperareal mit elastischen Binden oder später auch Kompressionsstrümpfen versorgt. Der gezielte Druck verhindert, dass sich neue Flüssigkeit ansammelt, und unterstützt den Lymphabfluss in Richtung Herz.
Die Haut über einem Lymphödem ist oft trocken und empfindlich. Bandagen und Kompressionsmaterial können sie zusätzlich reizen. Um Infektionen zu vermeiden, ist eine sorgfältige Pflege wichtig: sanfte Reinigung und das regelmäßige Eincremen mit einer rückfettenden Lotion – besonders vor dem Anlegen von Kompression.
Gezielte Übungen fördern den Abfluss der Lymphe und verbessern die Beweglichkeit. Physiotherapeutinnen und -therapeuten zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Muskulatur aktivieren können – mit oder ohne Bandage. Auch im Alltag helfen einfache Übungen, das Lymphsystem in Schwung zu bringen.
Neben der ärztlichen Behandlung können Sie auch selbst einiges tun, um den Lymphfluss zu unterstützen und Beschwerden zu lindern. Wichtig ist vor allem: Bleiben Sie dran und setzen Sie die empfohlenen Maßnahmen konsequent um. Mit etwas Achtsamkeit im Alltag lässt sich der Verlauf eines Lymphödems positiv beeinflussen.
Diese Tipps können helfen:
Wenn Sie unsicher sind, was Ihnen guttut oder welche Bewegungsformen für Sie infrage kommen, lassen Sie sich von Ihrem Behandlungsteam beraten.
Im Bereich eines Lymphödems sollten klassische Massagen vermieden werden – sie können die Ansammlung von Gewebeflüssigkeit sogar verstärken. Anders sieht es bei entspannenden Massagen im Nacken-, Schulter- oder Rückenbereich aus: Diese sind in der Regel unproblematisch, solange sie nicht in die betroffene Region übergehen. Wenn Sie unsicher sind, besprechen Sie dies am besten mit Ihrer Physiotherapeutin oder Ihrem Arzt.
Entwässernde Medikamente (Diuretika) helfen bei einem Lymphödem nicht – im Gegenteil: Sie transportieren zwar Wasser aus dem Gewebe ab, nicht aber die Eiweiße, die ebenfalls in der Lymphflüssigkeit enthalten sind. Dadurch kann sich das Ödem sogar verfestigen. Ein Lymphödem sollte daher nicht mit Diuretika behandelt werden.
Wichtig: Wenn Ihnen entwässernde Medikamente aus einem anderen Grund verschrieben wurden (z. B. bei Herz- oder Nierenerkrankungen), nehmen Sie diese unbedingt wie verordnet ein.
Nein. Auch wenn es naheliegend erscheint: Weniger zu trinken hat keinen Einfluss auf ein Lymphödem. Ihr Körper braucht ausreichend Flüssigkeit, damit Stoffwechsel und Lymphsystem richtig arbeiten können. Trinken Sie also ganz normal weiter – etwa 1,5 bis 2 Liter am Tag, sofern keine anderen medizinischen Gründe dagegensprechen.
Reisen ist auch mit einem Lymphödem möglich – mit ein paar Vorkehrungen:
Der Gynäkologie-Direktor der Charité erklärt im Interview mit „Die zweite Stimme“ unter anderem, welche Bedeutung die Entfernung der Lymphknoten im Rahmen der Eierstockkrebs-Therapie hat.