Sexualität und Eierstockkrebs

Sexualität und Krebs – über dieses Thema wird allgemeinhin zu wenig gesprochen. Eierstockkrebs und seine Behandlung hinterlässt Spuren auf dem Körper und der Seele, die die Frauen beeinflussen. Die Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Nähe bleibt jedoch meist bestehen. Seien Sie mutig! Reden Sie darüber! Wir begleiten Sie – und klären die wichtigsten Schritte zu Beginn.

Die Themen im Überblick

Einflüsse auf das Gefühls- und Liebesleben

Die menschliche Sexualität ist geprägt von zahlreichen körperlichen und seelischen Vorgängen, die untereinander in einer empfindlichen Balance stehen. Die einzelnen Komponenten einer Krebsbehandlung können den Körper und die psychische Verfassung stark beeinflussen.

Der Alltag hat sich durch die Krebsbehandlung stark verändert – nicht nur für die Patientinnen, sondern auch für die Partner oder Partnerinnen. Oft fühlen sie sich unsicher gegenüber den betroffenen Frauen, trauen sich nicht darüber zu reden.

Für die Patientinnen gesellen sich zu den psychischen Belastungen auch Beschwerden wie Schmerzen oder Müdigkeit dazu.

Jeder Therapieschritt kann Symptome hervorrufen, die  die Sexualität empfindlich stören können. Vielleicht geht die Lust auf Sexualität und geschlechtliche Beziehung zeitweise sogar verloren und kehrt erst nach der Therapie zurück. 

Vergessen Sie in dem Fall nicht; auch kleine Zärtlichkeiten und Sinnlichkeit tun gut. Trauen Sie sich mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin über Ihre Bedürfnisse zu sprechen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hilfsangebote, wie zum Beispiel von profamilia, die Sie zum Teil sogar online in Anspruch nehmen können. 

Neue Bindungen eingehen

Viele Menschen ohne einen festen Partner oder Partnerin befürchten, dass es nach so einer schwerwiegenden Krankheit nun sehr viel schwieriger sein wird, eine neue Beziehung einzugehen. Die Vorstellung, einen neuen Partner emotional und körperlich an sich heran zu lassen, fällt schwer. Dabei können sich die Angst, zurückgewiesen zu werden, das Unbehagen sich nackt zu zeigen oder eingeschränkte sexuelle Möglichkeiten hemmend auf eine neue Bekanntschaft auswirken.

Solche Befürchtungen sind nachvollziehbar, auch wenn es viele Frauen gibt, die ihrem Herzenspartner erst während oder nach der Erkrankung begegnet sind. Auch dann, wenn Ihr Gegenüber nach einem offenen Gespräch über Ihre Krankheit vielleicht anfangs zurückhaltend reagiert, ist das nicht automatisch mit einer Zurückweisung gleichzusetzen. Vielmehr muss sich auch Ihr neuer Partner erst einmal mit dem Gedanken vertraut machen und die damit einhergehenden eigenen Ängste oder Verunsicherungen sortieren.

In einer aufrichtigen Beziehung werden sich solche Bedenken mit der Zeit wieder legen. Haben auch Sie dafür Geduld und Verständnis. Ein Tipp zum Schluss: Je selbstverständlicher und natürlicher Sie selbst Ihre Einschränkungen akzeptieren können, desto leichter wird dies auch Ihrem neuen Partner fallen.

Therapiebedingte Symptome

Die folgende Übersicht zeigt eine Auswahl möglicher therapiebedingter Symptome, die auch die Sexualität (direkt und indirekt) beeinflussen können:

Einflüsse durch Chemotherapie:

  • allgemeine Schwäche, Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Fatigue-Syndrom
  • Trockenheit aller Schleimhäute (auch Scheidenschleimhaut)
  • vorübergehende oder dauerhafte Unfruchtbarkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Haarausfall
  • Blutarmut

Einflüsse durch Operation:

  • Vernarbungen im kleinen Becken
  • Schmerzen und Blutungen während des Geschlechtsverkehrs
  • Hormonelle Veränderungen, aufgrund der Eierstockentfernung
  • Die Schleimhäute (z. B. Scheidenschleimhaut) sind weniger geschmeidig und befeuchtet, wodurch die Scheide trocken wird. In der Folge kann es zu Entzündungen und oberflächlichen Verletzungen beim Geschlechtsverkehr kommen.
  • Das plötzliche Einsetzen der Wechseljahre kann ein vermindertes sexuelles Interesse nach sich ziehen.
  • Wechseljahrestypische Beschwerden, wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche oder Schlafstörungen
  • Vorübergehendes Auftreten von Blasenentleerungsstörungen (Inkontinenz)

Einflüsse durch Strahlentherapie:

  • Die innere beziehungsweise äußere Bestrahlung des Beckenraums kann eine vorübergehende oder dauerhafte Unfruchtbarkeit verursachen.
  • Entzündungen und Schleimhautschäden
  • Die Bildung von Narbengewebe als Spätfolge der Bestrahlung kann unter Umständen zu einer Verengung oder gar einem Verschluss der Scheide führen.

Einflüsse durch seelische Belastungen:

  • ein verändertes Körperbild
  • Lustlosigkeit
  • Scham
  • Unsicherheit

Für all diese möglichen Symptome gibt es Möglichkeiten der Linderung. Sprechen Sie bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt daher frühzeitig die Sie beeinträchtigenden Symptome und Themen an. Dann können Sie von dem Wissen Ihres Behandlungsteams profitieren und auf diese Weise aktiv Einfluss auf die Steigerung Ihrer Lebensqualität nehmen.

Sexualität während und nach einer Therapie

Exklusiver Beitrag von Dr. Adak Pirmorady, Ärztin für Psychosomatik und Psychotherapie, Berlin

Viele Frauen fragen sich, ob ihre sexuellen Veränderungen im Rahmen der Eierstockkrebs-Erkrankung ein behandlungsbedürftiges Problem darstellen.

Die meisten Patientinnen setzen sich mit der Sexualität häufig erst dann wieder auseinander, wenn die Behandlung mehr oder weniger abgeschlossen ist und die Frau wieder in den privaten Alltag, die Routine zurückkehrt.

„Sexualität als natürliche Lebenskraft“

Sexualität wird, wenngleich sie facettenreich, individuell und in ihrer Gesamtheit kaum zu erfassen ist, als Quelle von natürlicher Lebenskraft gesehen. Diese Quelle kann insbesondere in der Krankheitssituation aus dem Gleichgewicht geraten. Folgen für die Patientinnen sind ein anderes Körpererleben und Veränderungen in der Beziehungsgestaltung.

Dass die Sexualität durch die Krankheit, die ausgiebige Operation, die langanhaltende Chemotherapie und weitere Krebstherapien negativ beeinflusst werden kann, ist mehr als nachvollziehbar. Vielleicht kennen Sie diese Veränderungen bei sich und haben gemeinsam mit Ihrem Partner eine neue – zwar andere – aber dennoch reiche Sexualität entwickeln können.

Eine Sexualität nach der Diagnosestellung „Ovarialkar­zinom“

Denn gleichzeitig können die Veränderungen in der Sexualität als Chance genutzt werden. Eine veränderte Situation braucht eine veränderte Reaktion und hier gibt es so vielfältige Möglichkeiten für die Patientinnen. Ein aktiver Umgang mit dem natürlicherweise schamhaft besetzten Thema kann sogar zu der Verinnerlichung von positiven Beziehungserfahrungen führen. Und dies kann letztlich als stärkende Funktion auch den Heilungsprozess positiv unterstützen. 

Ärztinnen, Ärzte und Selbsthilfegruppen als wichtige Netzwerke!

Natürlich bietet eine stabile Arzt-Patientin- Beziehung den adäquaten Raum für die Bearbeitung des Themas: Veränderungen und neue Herausforderungen in der Sexualität nach der Behandlung von gynäkologischen Erkrankungen und im Speziellen der Eierstockkrebserkrankung. Auch bei Ärzten ist das Thema Sexualität häufig tabuisiert, das aber sollte Sie nicht daran hindern, dieses Thema anzusprechen. Viele Ärztinnen und Ärzte werden sich zudem freuen, wenn von Ihnen das Signal hierzu kommt.

Fühlen Sie sich frei, das Thema dort zu thematisieren, wo Sie sich sicher und geborgen fühlen. Dieser Zustand ist wichtig für einen heilsamen Prozess und ggf. auch eine Auflösung von bestehenden Blockaden oder Schwierigkeiten, mit der eigenen Sexualität umzugehen.

Der Austausch kann auch außerhalb der Nachsorgesprechstunde, beispielsweise in Selbsthilfegruppen, gesucht werden. Dort ist der Zusammenhalt und das Vertrauen in der Gruppe besonders hoch. Der Gruppenaspekt kann dabei besonders von Vorteil sein, zum Beispiel für das gegenseitige „Holding“ – das Stützen und Halten – und das gemeinsame Entwickeln von Bewältigungsstrategien.

Therapeutische Hilfe suchen!

Sollten Sie Angst davor haben, dass Ihre Beziehung aufgrund der Veränderungen bedroht ist oder wenn Sie das Gefühl haben, dass sich aufgrund der veränderten Sexualität Konflikte ergeben, denen Sie auch vor Ihrer Eierstockkrebserkrankung begegnet sind, ist über eine professionelle Psychotherapie, Sexualtherapie oder Paartherapie nachzudenken. Hierzu ist es ebenfalls wichtig, die Nachsorgesprechstunde aber auch jede andere Konsultation als beratenden Ort zu nutzen.

Ein sehr häufiges Problem nach der Behandlung von Eierstockkrebs ist die Trockenheit der Scheide oder auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Beide Ursachen sind gut behandelbar. Die Voraussetzung für die Behandlung ist jedoch, dass es angesprochen werden kann. Denn dann kann im Falle der Schmerzen und Trockenheit der Scheide mit Gleitcremes und Dilatatoren an einer vorsichtigen Dehnung der Scheide gearbeitet werden. Auch der Einsatz von niedrig dosierten Mengen männlicher oder weiblicher Hormone kann im Einzelfall angezeigt sein.

Wichtig ist, dass Sie auch in Bezug auf ihre Sexualität einen aktiven Modus finden, das bedeutet, für sich selbst sorgen und das Thema selbstständig einbringen. Meiden Sie das Thema Sexualität nicht aufgrund von Scham oder Abwehr. Eine gesunde Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität ist im Sinne einer ganzheitlichen Genesung von bedeutungsvoller Notwendigkeit. Das Kraftvolle dabei ist, dass die Fähigkeit, mit einem so schwierigen Thema wie der Sexualität umzugehen, in Ihnen ruht und Sie sie für sich nutzen können und sich so als selbstwirksam und lebensstark erfahren können.

Sprechen Sie (wir) darüber!

Mythos und Wahrheit

Mythos:
Gegen Scheidentrockenheit kann man nichts machen, außer abzuwarten.

Falsch: Scheidentrockenheit ist eine häufige Nebenwirkung von Chemotherapien, kann aber auch die Folge einer Operation oder Bestrahlung im Genitalbereich sein. Des Weiteren können auch ein Hormonentzug oder ein veränderter Hormonstoffwechsel eine trockene Scheide verursachen. Abhilfe können Gleitcremes oder die örtliche Verabreichung von hormonhaltigen Vaginalzäpfchen schaffen. Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt nach einem passenden Präparat.

Mythos:
Sex kann meine Krankheit verschlimmern.

Falsch: Das Gegenteil ist der Fall. Ein befriedigendes Sexualleben hebt das Selbstwertgefühl, wirkt stressreduzierend und verleiht Energie und Lebensfreude. Wichtig ist, dass Sie nach Ihrem persönlichen Zeitplan verfahren und sich nicht unter Druck setzen. Es gibt keinen Standard, wie häufig und auf welche Weise Sexualität stattfinden sollte. Nehmen Sie sich Zeit, Ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen.

Mythos:
Wenn schon vor der Krebsdiagnose Probleme im Sexualleben bestanden haben, kommt man jetzt aus dieser Krise erst recht nicht mehr heraus!

Das stimmt so nicht ganz: Sexualität ist ein dynamischer Prozess, der sich ständig verändert. Auch beim Bestehen ernsthafter Probleme sind Veränderungen des Sexuallebens jederzeit möglich. Dazu können Offenheit im Umgang mit Sexualität sowie ein ehrlicher und regelmäßiger Austausch mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin über die gegenseitigen Bedürfnisse und Vorstellungen enorm viel beitragen. Sind die Störungen der Sexualität ausgeprägt, zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Hilfe und Beratungsangebote

Folgende Anlaufstellen können Ihnen helfen, wenn Sie Fragen haben oder Beratung zu sexuellen Problemen in Hinblick auf Ihre Krebserkrankung benötigen:

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